Dienstag, den 12. April 2022 um 06:00 Uhr

Luftschadstoffe besser überwachen

Der Weltgesundheitstag 2022 "Our planet, our health" macht auf die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels aufmerksam. Viele Effekte sind noch nicht ausreichend verstanden. Das EU-geförderte RADICAL-Projekt könnte ein wichtiges Puzzleteil liefern. Innovative Sensorik soll erstmals ein kontinuierliches Monitoring freier Radikale in der Atmosphäre zulassen. Am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) gelang einem Forschungsteam nun der erste grundlegende Schritt: die Fertigung maßgeschneiderter Nanodraht-Chips mit besonderen Sensoreigenschaften.

Freie Radikale beeinflussen unsere Luftqualität, Umwelt, Klima und Gesundheit. Aber in welchem Maße? Diese Frage könnten neue Sensoren aus dem europäischen RADICAL-Projekt demnächst beantworten. Bislang ist der Nachweis freier Radikale technisch höchst aufwändig und ihre Messung die Ausnahme. Die neue Sensortechnik könnte freie Radikale in der Atmosphäre zukünftig in Echtzeit überwachen und so verlässliche Daten schaffen, um ihre Auswirkung auf unsere Gesundheit und Umwelt besser einzuschätzen.

"Elektronische Nase"

Herzstück der Technologie sind wenige Quadratmillimeter kleine Chips aus sogenannten übergangsfreien Nanodraht-Transistoren. Anders als konventionelle Nanodraht-Transistoren arbeiten diese Bauteile ohne Sperrschicht zwischen unterschiedlich strukturierten Halbleiter-Materialien. Dadurch erreichen sie unter anderem ein besonders gutes Signal-zu-Rausch-Verhältnis: eine wichtige Voraussetzung für das Aufspüren der flüchtigen Radikale. Als Teil einer "elektronischen Nase" erzeugen die Nanodrähte beim kleinsten Kontakt mit einem passenden Zielmolekül elektrische Signale mittels einer zusätzlichen, spezifischen Beschichtung. Eine Ausleseelektronik verarbeitet die Signale weiter – ähnlich wie das menschliche Gehirn Riechreize prozessiert und Gerüche erkennt und unterscheidet.

Über die letzten zwölf Monate optimierten die Dresdner Forscher*innen die Eigenschaften der Nanodraht-Chips für den Einsatz in den neuen Sensoren. Damit die Transistoren Signale ausreichend sensitiv und ungestört verarbeiten, müssen die wenige Nanometer dünnen Drähte beispielsweise besonders glatte Oberflächen besitzen und geometrisch ideale Eigenschaften haben. Für das optimale Design nutzen die Forscher*innen daher Simulationen, die Smartcom, ein RADICAL-Industriepartner in Bulgarien bereitstellt. „Das HZDR-Labor ist eines von wenigen Laboren weltweit, das derart dünne Nanodrähte präzise fertigen kann. Mit der Auslieferung der ersten Chips haben wir den ersten technischen Meilenstein erreicht. Jetzt können unsere Partner in Cork und York die Funktionalisierung der Bauteile angehen und die ersten Tests der Sensorik durchführen“, sagt Dr. Yordan Georgiev, einer der Initiatoren des RADICAL-Projekts und Leiter der Nanofabrikation am HZDR. Parallel optimieren er und seine Kolleg*innen den Herstellungsprozess weiter und bereiten Tests der Sensoren in gasförmigen Medien vor.

Kostengünstige und flexible Sensor-Chips

Die Erwartungen an die neuen Sensoren sind hoch, denn vor einigen Jahren haben einige der RADICAL-Forschungspartner ähnliche Nanodraht-Chips bereits in Flüssigkeiten eingesetzt. „Wir konnten damals zeigen, dass wir eine herausragende Sensitivität und Selektivität erreichen können“, sagt Georgiev. Darauf aufbauend nahmen sich die Forscher*innen vor, die hochempfindliche Technologie auch in Gasen zu erproben. Und an Partikeln, die dort besonders schwierig zu detektieren sind: freie Radikale.

Die neuen elektronischen Sensoren sollen zukünftig so kostengünstig und flexibel einsetzbar sein, dass sie problemlos in bereits vorhandene, weltweit verteilte Messstationen zur Überwachung der Luftqualität und Atmosphäre integriert werden könnten. Langfristig könnten die Sensoren auch für andere Anwendungen angepasst werden und neben Radikalen weitere Gase in der Umgebungsluft hochempfindlich nachweisen und so einen Beitrag zum Erhalt unserer Gesundheit leisten.


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.hzdr.de/db/Cms?pOid=65711&pNid=99

Quelle: Helmholtz-Zentrum Dresden - Rossendorf e. V. (04/2022)
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