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Dienstag, den 05. Dezember 2017 um 11:44 Uhr

UKE-Forscher entschlüsseln Mechanismus: Erbsubstanz verursacht Verschluss von Blutgefäßen

Eine Forschergruppe des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) hat einen Mechanismus entdeckt, der einen gefährlichen Verschluss von Blutgefäßen auslösen kann. Wie die Wissenschaftler in Science berichten, können spezielle Blutzellen Netzstrukturen aus ihrer Erbsubstanz DNA bilden, die Blutgefäße lebensgefährlich verstopfen. Auslöser für Gefäßverschlüsse sind nach bislang gültiger medizinischer Lehrmeinung hauptsächlich zwei Mechanismen: das Verklumpen von Blutplättchen und die Blutgerinnung, die zusammen zur Bildung eines Blutgerinnsels führen. Die Entdeckung, dass Blutgefäße auch durch DNA-Netze verstopft werden, kann zu neuen Therapieansätzen führen, hoffen die Wissenschaftler.

Die Erbsubstanz DNA ist ein langes Fadenwerk (Filament), das eng verpackt in den Körperzellen lagert. Spezialisierte weiße Blutzellen, die neutrophilen Granulozyten, nutzen die physikalischen Eigenschaften der DNA-Filamente, um daraus Netzstrukturen auszubilden. Die als NETs (Neutrophil Extracellular Traps) bezeichneten DNA-Netze spielen eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Infektionen. „NETs sind hilfreich, wenn sie sich auf Wunden bilden und dort Bakterien einfangen. NETs können so verhindern, dass sich Infektionen im Körper ausbreiten“, erklärt der Leiter der Arbeitsgruppe, Dr. Tobias Fuchs vom Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin. „Entstehen NETs dagegen im Körper, können sie extrem schädlich sein.“ Die im Jahr 2004 erstmals entdeckten DNA-Netze werden beispielsweise mit einer Reihe von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht.

DNA-Scheren gegen schlechte Netze
Das UKE-Forscherteam untersuchte, wie sich der Körper gegen die schlechten DNA-Netze schützt. „Wir haben herausgefunden, dass in der Blutbahn zwei spezialisierte Enzyme, so genannte DNA-Scheren, zirkulieren, die DNA-Netze im Normalfall verdauen und unschädlich machen“, erklärt Immunologe Fuchs. Wie das Team zeigen konnte, arbeiten die beiden Enzyme mit den Namen „DNa-se1“ und „DNase1-like 3“ unabhängig voneinander. Beide zersetzen die DNA-Netze selbstständig, wenn sie mit diesen in Kontakt kommen. Die Forscher schalteten die Enzyme im Labor mit Hilfe gentechnischer Verfahren ab und entdeckten so, dass unverdaute DNA-Netze bei Entzündungen den Blutfluss in Venen und Arterien blockieren und dadurch schwere Organschäden auslösen. „Die beiden DNA-Scheren bilden ein zweistufiges Sicherheitssystem, weil der Körper, wie wir vermuten, unbedingt verhindern will, dass DNA-Netze die Blutgefäße verstopfen“, so der Wissenschaftler.

Neue Therapieoption bei Blutvergiftung?
In den Blutgefäßen entstehen DNA-Netze zum Beispiel als Abwehrreaktion auf eingedrungene Bakterien, wie das bei einer lebensbedrohlichen Sepsis („Blutvergiftung“) der Fall sein kann. Die Forschergruppe hat entdeckt, dass bei Patienten mit Sepsis die Aktivität der DNA-Scheren stark vermindert sein kann. Dadurch steigt die Gefahr für ein Organversagen aufgrund von Gefäßverschlüssen. Die Erkenntnisse der UKE-Immunforscher könnten nun völlig neue Therapieoptionen für Sepsis-Patienten eröffnen. Dr. Fuchs: „Die gefährlichen DNA-Netze in der Blutbahn könnten durch die Injektion von aktiven DNA-Scheren zersetzt werden.“


Den Arikel finden Sie unter:

https://www.uke.de/allgemein/presse/pressemitteilungen/detailseite_46912.html

Quelle: Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (12/2017)


Publikation
Jiménez-Alcázar M., Rangaswamy C. et al. Host DNases prevent vascular occlusion by neutrophil ex-tracellular traps. Science 2017.
DOI: http://science.sciencemag.org/cgi/doi/10.1126/science.aam8897

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