Volltextsuche

Top Suchbegriffe



Mittwoch, den 06. April 2011 um 04:41 Uhr

Neue Verbindungen zur Bekämpfung parasitärer Erkrankungen

Die Familie der Trypanosomatida-Parasiten ist ursächlich für eine Reihe schwerer Erkrankungen, unter denen Millionen Menschen leiden. Forscher aus Italien, Belgien und Deutschland haben in einer wissenschaftlichen Studie neue antiparasitäre Verbindungen identifiziert, die ein wichtiges Enzym des Parasiten und damit dessen Wachstum hemmen. Diese Verbindungen sind ein vielversprechender Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Medikamente, die weniger Nebenwirkungen als bisherige Heilverfahren haben.
Modena/Brüssel/Heidelberg. Trypanosomatida sind intrazellulär lebende Parasiten, die beim Menschen schwerwiegende Krankheiten wie die afrikanische Schlafkrankheit, die Chagas-Krankheit oder Leishmaniose verursachen. Mit der Leishmaniose sind weltweit ungefähr zwölf Millionen Menschen infiziert, wovon die meisten in Entwicklungsländern leben. Mit gegenwärtigen Medikamenten kann die Krankheit nur unzureichend behandelt werden, da einerseits eine hohe Toxizität und damit starke Nebenwirkungen auftreten und andererseits die Parasiten schnell resistent werden.

Jetzt haben europäische Wissenschaftler neue biochemische Verbindungen entdeckt, die dabei helfen können, diese Krankheiten effektiver zu bekämpfen. Die Forschungsgruppen unter der Leitung von Maria Paola Costi (Universität Modena und Reggio Emilia, Italien), Rebecca Wade (HITS, Heidelberger Institut für Theoretische Studien, Deutschland) und Paul Michels (De Duve Institut, Belgien) wurden dabei von der Stiftung “Cassa di Risparmio di Modena” unterstützt. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich im Journal of Medicinal Chemistry veröffentlicht.

Die Trypanosomatida-Parasiten brauchen die Stoffwechselprodukte Folat und Biopterin, um zu überleben. Diese Stoffe werden von den Enzymen Dihydrofolatreduktase (DHFR) und Pteridinreductase (PTR1) verarbeitet. Wird das Enzym DHFR blockiert, wird die Replikation der DNS beeinträchtigt und die Parasiten sterben ab. Das Problem hierbei ist, dass bei den Trypanosomatida das Enzym PTR1 die Verarbeitung von Folat übernehmen kann – das Überleben der Parasiten wird somit gewährleistet. Bei der Behandlung parasitärer Erkrankungen ist es daher notwendig, gleichzeitig zwei Stoffwechselwege zu hemmen, indem DHFR und PTR1 von einem einzigen Medikament oder einer Kombination zweier spezifischer Hemmstoffe blockiert wird. Da PTR1 nicht im Menschen vorkommt, können spezielle Verbindungen entwickelt werden, die gezielt nur die Parasiten bekämpfen.

Die Wissenschaftler haben in diesem Projekt einen virtuellen mit einem experimentellen Suchansatz kombiniert, um spezifische Hemmstoffe gegen PTR1 des Leishmanioseerregers zu identifizieren, die nicht dem Stoffwechselprodukt Folat ähnlich sind. Hierzu wurde durch strukturbasierte Wirkstoffdesigns zunächst die Spezifität der Hemmstoffe gegen das Enzym PTR1 und danach die Selektivität gegenüber menschlichem DHFR verbessert. Ergebnis dieser Analyse waren 18 medikamentenartige Moleküle, die im Reagenzglas eine Wirkung im niedrigen mikromolaren Bereich sowie eine hohe Spezifität zeigten. Experimente zur Wirksamkeit gegenüber kultivierten Zellen des Erregers der Leishmaniose ergaben, dass sechs Verbindungen in Kombination mit DHFR-Hemmstoffen aktiv waren, wobei eine davon auch alleine wirksam war. Zudem wiesen einige dieser Verbindungen eine niedrige Toxizität auf – eine davon ist ein bekanntes Medikament für die Behandlung von Krankheiten des zentralen Nervensystems. Dieses Medikament könnte ein guter Ausgangspunkt für die effektivere Behandlung parasitärer Erkrankungen werden.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.h-its.org/deutsch/presse/pressemitteilungen.php?we_objectID=783

Quelle: Heidelberger Institut für Theoretische Studien gGmbH (04/2011)


Der wissenschaftliche Artikel im Original:
Ferrari et al., Virtual Screening Identification of Nonfolate Compounds, Including a CNS Drug, as Antiparasitic Agents Inhibiting Pteridine Reductase. J. Med. Chem. (2011) 54, 211-221. doi: 10.1021/jm1010572.
http://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/jm1010572

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.