Das Multiple Myelom ist eine Art des Knochenmarkkrebses, an dem vor allem Menschen über 60 Jahren erkranken und die in vielen Fällen nicht geheilt werden kann. Forscher am Universitätsklinikum der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben nun einen neuen Ansatz für eine mögliche Therapie dieses Krebses gefunden.
Das Multiple Myelom entsteht, wenn sich eine bestimmte Art von
weißen Blutkörperchen, die sogenannten B-Zellen, unkontrolliert im Blut
vermehrt. In der Folge werden die Knochen zerstört, die Patienten leiden
außerdem unter Blutarmut, chronischen Infektionen und Nierenproblemen.
Obwohl mehrere wirksame Chemotherapien zur Verfügung stehen, spricht
etwa ein Drittel der Patienten nicht auf die verfügbaren Behandlungen
an. Selbst wenn die Behandlung wirkt, wird der Tumor nicht geheilt,
sondern kann irgendwann zurückkehren. Bereits bekannt war bisher, dass
die Fresszellen des Immunsystems, die eigentlich wichtig für die Abwehr
von Eindringlingen im Körper sind, beim Multiplen Myelom für den Tumor
arbeiten. Sie unterstützen Entzündungen und fördern damit das Überleben
des Tumors und dessen Wachstum.
Die Studie des
FAU-Forschungsteams um PD Dr. Heiko Bruns (Medizinischen Klinik 5 -
Hämatologie und Internistische Onkologie; Direktor: Prof. Dr. med.
Andreas Mackensen) in Kooperation mit Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern aus Mailand hat nun herausgefunden, was auf molekularer
Ebene passiert, wenn die Fresszellen entzündliche Signale im
Knochenmark ausschütten. Ein Blutbestandteil namens Beta-2-Mikroglobulin
scheint dabei eine wichtige Rolle zu spielen. Denn je stärker der
Knochenkrebs den Körper befallen hat, desto mehr dieses Eiweißes ist im
Blut der Patientinnen und Patienten nachweisbar. Das Erlanger Team
entdeckte nun, dass dies nicht nur ein Nebeneffekt der Erkrankung ist,
sondern dass dieses Eiweiß die Fresszellen dazu bringt, die Erkrankung
zu verschlimmern. Das Eiweiß wird nämlich von den Fresszellen
verschlungen – aber nicht verdaut und abgebaut. Es liegt den Fresszellen
gewissermaßen schwer im Magen, was diese dazu bringt, entzündlichen
Signale auszusenden, die wiederum den Tumor und seine schädlichen
Wirkungen im Körper zugutekommen. Das Forschungsteam konnte nachweisen,
dass die Krebserkrankung deutlich abgemildert werden kann, wenn es
gelingt, diese Entzündungssignale zu blockieren.
Dr. Heiko Bruns
fasst zusammen: „Fresszellen, Makrophagen, sind essenzielle Zellen, um
unseren Organismus gegen Tumorentstehung zu verteidigen. Viele Tumore
können diese Verteidigungslinie durchbrechen, weil es ihnen gelingt, der
Makrophagen-Aktivität zu entgehen. Wir haben gesehen, dass das Multiple
Myelom eine noch feinere Strategie anwendet: Es spielt die
Makrophagen-Aktivität zu seinem eigenen Vorteil aus. Das Verständnis,
wie das Multiple Myelom dies erreicht, ist äußerst relevant. Eine
zielgerichtete Blockierung des Inflammasoms könnte zukünftig eine neue
begleitende Therapiestrategie für Patientinnen und Patienten
darstellen.“
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.fau.de/2021/07/news/wissenschaft/kleines-protein-liegt-fresszellen-schwer-im-magen/
Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (07/2021)
Publikation:
DOI: 10.1016/j.immuni.2021.07.002
Donnerstag, den 05. August 2021 um 04:24 Uhr