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Montag, den 09. März 2015 um 05:44 Uhr

Biomolekulare Krafterzeugung nach dem Prinzip einer Gasdruckfeder

Die mechanische Basis der Zellkernteilung ist bisher nur bruchstückhaft verstanden. Wissenschaftler der Technischen Universität Dresden konnten nun dem Mosaik der zellbiologischen Mechanismen ein weiteres Teil hinzufügen, wie sie in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Cell am 5. März 2015 berichten.

Wenn Zellen sich teilen, wird das Erbgut in einem hoch komplexen Prozess an beide Tochterzellen weitergegeben. Eine wichtige Rolle spielen dabei kleine zylinderförmige Proteinröhrchen, die Mikrotubuli. Sie bilden das Gerüst des Spindelapparates, der dabei hilft, das Erbgut in den Chromosomen während der Zellteilung auf die beiden Tochterzellen aufzuteilen. Neben der Aufgabe, direkt an den Chromosomen anzudocken und diese auseinanderzuziehen, sind die Mikrotubuli auch für die Stabilisierung des Spindelapparates von großer Bedeutung. Dazu überlappen die Mikrotubuli in der Zellmitte und verbinden so die gegenüberliegenden Spindelpole miteinander. In Zellen beobachtet man während der Zellteilung, dass diese überlappenden Mikrotubuli zunächst von so genannten Motorproteinen gegeneinander verschoben werden, dann jedoch abstoppen, bevor sie sich voneinander trennen. Bisher konnten die Wissenschaftler den Mechanismus nur bruchstückhaft erklären, durch den die Bewegung gebremst und die Verschiebung gestoppt wird.

Eine internationale Wissenschaftlergruppe um Professor Dr. Stefan Diez (Heisenberg-Professor am ZIK B CUBE – Center for Molecular Bioengineering der TU Dresden und Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik) hat in Kooperation mit Wissenschaftlern aus den Niederlanden (Universität Wageningen und AMOLF) nun zeigen können, dass ein aus der Physik altbekanntes Prinzip auch in der Biologie relevant ist: Schwach bindende Proteine, die sich bevorzugt zwischen überlappenden Mikrotubuli anlagern, verhalten sich wie diffundierende Gaspartikel in einem geschlossenen Behälter. Jene Gaspartikel reagieren auf eine Volumenverkleinerung mit einem ansteigenden Druck. Nach diesem einfachen Prinzip, das man sowohl vom idealen Gasgesetz als auch von haushaltsüblichen Fahrradpumpen kennt, erzeugen auch die schwach gebundenen Proteine zwischen den überlappenden Mikrotubuli beim Auseinandergleiten einen immer größer werdenden Gegendruck. Dadurch wird die Bewegung gebremst und die Verschiebung gestoppt. Dieser biomolekulare Mechanismus entspricht dem einer Gasdruckfeder.

Die Wissenschaftler konnten diesen Mechanismus in Experiment und Theorie nachweisen. Darüber hinaus gelang es ihnen, die entstehenden Kräfte unter Verwendung einer optischen Pinzette direkt zu vermessen. Abschließend konnten sie zeigen, dass der gasähnliche Druck der schwach bindenden Proteine ausreichend ist, um die Kraft der Motorproteine zu kompensieren und das Auseinanderfallen der überlappenden Mikrotubuli zu verhindern.

Damit wurde nicht nur ein Minimalmechanismus zur Stabilisierung von überlappenden Mikrotubuli gefunden und experimentell nachgewiesen, sondern auch ein weiterer allgemeingültiger Mechanismus in das Repertoire der zellbiologischen Wirkmechanismen aufgenommen.


Den Artikel finden Sie unter:

http://tu-dresden.de/aktuelles/news/mikrotubulus

Quelle: Technische Universität Dresden (03/2015)


Publikation:
Zdenek Lansky, Marcus Braun, Annemarie Lüdecke, Michael Schlierf, Pieter Rein ten Wolde, Marcel E Janson, Stefan Diez, Diffusible crosslinkers generate directed forces in microtubule networks, DOI:10.1016/j.cell.2015.01.051

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