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Donnerstag, den 31. März 2011 um 04:49 Uhr

Die RNA unter Verdacht

Seit 2011 gibt es eine neue Helmholtz-Hochschul-Nachwuchsgruppe des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und der Universität Leipzig, die sich mit der Rolle der RNA bei der Entstehung umweltbedingter Erkrankungen befassen wird. Bis 2007 galt: Die RNA ist vornehmlich damit beschäftigt, die in der Doppelhelix der DNA gespeicherten Informationen zu Proteinen aufzunehmen und als Bauplan für die Produktion der Proteine zur Verfügung zu stellen. "Sie galt als kurzlebiges braves Arbeitstier, das in den Zellen Informationen umherschleppt", so Dr. Jörg Hackermüller, der mit seiner Nachwuchsgruppe der Unterschätzung der RNA ein Ende bereiten und deren Rolle analysieren will.
Ausgangspunkt des Neuansatzes in der RNA-Forschung war die Beobachtung, dass nicht einmal zwei Prozent der menschlichen DNA Proteine kodieren, das heißt einen Bauplan für Proteine darstellen. Was aber machen die übrigen 98 Prozent, die zum Großteil keine offensichtlichen Anzeichen für eine Funktion tragen? Im Rahmen des Projekts "Enzyklopädie der DNA Elemente" wurde festgestellt, dass dennoch mehr als 90 Prozent der DNA in RNA umgeschrieben werden. Ein Großteil der RNA, die eine menschliche Zelle erzeugen kann, dient damit nachweislich nicht dem Aufbau von Proteinen. Während die Anzahl proteinkodierender Gene über viele Spezies hinweg etwa gleich bleibt, nimmt der Anteil nicht kodierender Sequenzen in Tiergenomen stark mit der Komplexität des Organismus zu, was auf eine Rolle von nicht kodierenden Elementen in der Evolution von Komplexität hindeutet. Ziel ist es jetzt, Funktion und Wirkmechanismen jener nicht-proteinkodierenden RNA zu modellieren.

Einen besonders aufmerksamen Blick werfen die Leipziger Forscher dabei auf die zum Abwehrsystem des Körpers gehörenden T-Zellen. "Aus ruhenden Ursprungs-Immunzellen werden, sobald sich der Organismus von Außen bedrängt sieht, spezialisierte Populationen von Immunzellen. Die Balance zwischen diesen Populationen bestimmt, ob dieser Differenzierung genannte Prozess dem Schutz des Organismus dient oder beispielsweise Allergien oder rheumatische und andere entzündliche Erkrankungen ausgelöst werden", so Bioinformatiker Hackermüller. Für die Forschung am UFZ haben Differenzierungsprozesse von Immunzellen besondere Bedeutung, weil bekannt ist, dass Umweltgifte diese dramatisch beeinflussen können. Der Umwelteinfluss auf Differenzierungsprozesse spielt sich vor allem auf epigenetischer Ebene ab, ein Regulationsmechanismus, bei dem ganze Regionen im Genom durch eine unzugängliche Verpackung der DNA stillgelegt werden. "Gerade hier zeichnet sich eine zentrale Rolle nicht kodierender RNAs ab. Wenn wir diese Mechanismen verstehen, besteht Hoffnung, Krankheiten ganz an der Wurzel ihres Entstehens zu beeinflussen. Zunächst gilt es also zu erforschen, welche RNA zu welchem Zeitpunkt der Differenzierung welche epigenetischen Veränderungen organisiert. Welche dieser Mechanismen werden von Umweltgiften gestört? Und wie können wir für die schwierige Diagnostik von Erkrankungen des Immunsystems RNA als Biomarker verwenden?"

Wie das offizielle Forschungsthema der Gruppe "Bioinformatics and transcriptomics of non-protein coding RNAs controlling epigenetic modifications in T cell differentiation" besagt, werden zur Beantwortung dieser Fragen disziplinenübergreifend Techniken aus der Biochemie und Molekularbiologie mit aktuellen Erkenntnissen der Bioinformatik auf innovative Art und Weise verbunden. So werden Immunzellen aus Blutproben isoliert und die Differenzierung im Reagenzglas nachverfolgt. Zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Prozesses werden RNA und DNA aus den Zellen isoliert und mit neuen Verfahren, bei denen Millionen von Sequenzierungen parallel durchgeführt werden, die RNA-Zusammensetzung der Zellen und epigenetische Veränderungen bestimmt. Bioinformatisch werden dann Regionen im Genom identifiziert, deren RNA-Produktion oder epigenetische Muster sich über die Zeit verändern, und beispielsweise gemeinsame Muster in der Struktur dieser RNAs identifiziert.

Fünf Jahre hat die Helmholtz-Hochschul-Nachwuchsgruppe Zeit, Antworten auf diese Fragen zu finden. Die Beginn 2011 anlaufende Förderung erfolgt aus dem Impuls- und Vernetzungsfonds der Helmholtz-Gemeinschaft. Zur Verfügung stehen 125.000 Euro Helmholtz-Förderung plus 125.000 Euro UFZ-Eigenanteil pro Jahr.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.ufz.de/index.php?de=21357

Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ (03/2011)

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